Die Suche nach dem passenden Anbieter für ein 360-Grad-Feedback kann schnell zu einem Vergleich von „Äpfeln mit Birnen“ werden. Der Markt ist vielfältig und die Angebote unterscheiden sich stark. Um Ihnen die Auswahl zu erleichtern, haben wir am Institut für Management-Innovation 32 Anbieter analysiert und praxisnahe Tipps für die Auswahl zusammengestellt. Bitte beachten Sie, dass unsere Analyse auf einer begrenzten Stichprobe basiert und daher eher als Orientierungshilfe für eine realistische Einschätzung von Kosten und Leistungen dient.
Bevor man verschiedene Anbieter für 360-Grad-Feedbacks vergleicht, sollten Ziel und Zielgruppe der Befragung klar definiert sein. Handelt es sich beispielsweise um erfahrene Führungskräfte, ist es wichtig, dass der Anbieter über entsprechende Erfahrung mit dieser Zielgruppe verfügt. Nur so kann eine Kommunikation "auf Augenhöhe" bei der Auswertung und Interpretation der Ergebnisse gewährleistet werden. Dies gilt sowohl für die hierarchische als auch für die funktionale Einordnung der Teilnehmenden (z. B. Einkauf, Vertrieb, Verwaltung, IT oder General Management).
Das Besondere am 360-Grad-Feedback ist die Erfassung der Stärken und Schwächen einer Person (des Feedback-Empfängers) aus verschiedenen Perspektiven, etwa von Mitarbeitenden, Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden (siehe Seite „Definition“). Diese multiperspektivische Sichtweise erhöht die Objektivität und schafft eine zuverlässigere Grundlage für wichtige Personalentscheidungen wie Rekrutierung, Stellenbesetzung, Karriereentwicklung oder Jobwechsel. Diese Objektivität ist entscheidend, da zahlreiche wissenschaftliche Studien – wie beispielsweise von Kruger & Dunning, Atwater & Yammarino oder Zell & Krizan – belegen, dass Menschen ihre eigenen Stärken und Schwächen häufig falsch einschätzen und entweder über- oder unterschätzen.
Die Kosten von Fehlentscheidungen im Personalbereich lassen sich zwar schwer beziffern, sind aber sowohl in materieller als auch in psychischer Hinsicht erheblich. Obwohl 360-Grad-Beurteilungen bereits in den 1970er-Jahren in führenden Unternehmen eingesetzt wurden, ermöglichte erst der Fortschritt der Informationstechnik in den letzten 10 bis 20 Jahren eine deutliche Kostensenkung, wodurch diese Methode heute für die meisten Fach- und Führungskräfte (und nicht nur für das Top-Management) als sinnvoll und nützlich erachtet wird (wirtschaftlich und psychologisch).
Bei der Auswahl eines 360-Grad-Feedback-Anbieters spielen die Kosten eine zentrale Rolle. Die Preisgestaltung variiert jedoch stark, je nachdem, welche Leistungen im Angebot enthalten sind. Vorsicht ist geboten, da vermeintlich günstige Angebote oft versteckte Kosten bergen. So berechnen einige Anbieter beispielsweise „nur“ 80 bis 100 Euro für einen Auswertungsbericht. Dieser umfasst dann zwar einen umfangreichen Ergebnisbericht (bis zu 30 Seiten), beschränkt sich aber lediglich auf die Wiedergabe der Antworten der Feedbackgeber.
Weiterführende Analysen wie Vergleiche (z. B. Selbst- vs. Fremdbild), statistische Kennzahlen oder fundierte Empfehlungen zur Ableitung konkreter Maßnahmen werden in solchen Fällen separat in Rechnung gestellt. Dadurch können sich die Gesamtkosten schnell verdoppeln oder sogar verdreifachen. Dieses Phänomen, bei dem der eigentliche Nutzen erst durch teure Zusatzleistungen entsteht (wie beispielsweise bei Druckern und Druckerpatronen), ist branchenübergreifend bekannt.
Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, sollten Sie daher alle Angebotspositionen genau prüfen und die inkludierten Leistungen detailliert vergleichen. Ein etablierter Prozess für 360-Grad-Feedbacks kann hierbei als Orientierungshilfe dienen. Auf der Seite „Angebot“ stellen wir einen solchen Prozess vor und zeigen, wie er als Grundlage für realistische Preisvergleiche genutzt werden kann.
Der Prozess und seine Erfolgsfaktoren ist ausführlich auf der Seite "360-Grad-Feedback - Definition, Ablauf und Erfolgsfaktoren" beschrieben. Zum Zweck der Kostenschätzung kann man ihn wie folgt zusammenfassen:
1. Konzeption und Fragebogenerstellung: In enger Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber wird ein firmenspezifischer Fragebogen entwickelt. Dieser basiert auf validierten Kompetenzen, Persönlichkeitsmerkmalen und/oder Wertvorstellungen. Das Thema Validierung wird auf der Seite „Fragebogen“ ausführlich erläutert.
2. Durchführung der Befragung. Dieser Schritt beinhaltet:
3. Management-Summary und Ergebnispräsentation: Auf Basis der anonymisierten Ergebnisse wird eine Management-Summary für die Geschäfts- und Personalleitung erstellt. Diese beinhaltet:
4. Feedbackgespräche und Entwicklung: Die Ergebnisse werden in Einzelgesprächen mit den Feedback-Empfängern (Führungskräften) besprochen und interpretiert. Dies umfasst:
Alternative: Gruppenseminar mit kollegialem Coaching: Alternativ zum Einzelcoaching kann ein Gruppenseminar angeboten werden. Dieses beinhaltet Instruktionen zur Ergebnisinterpretation und Erarbeitung eines persönlichen Entwicklungsplans mit Unterstützung durch kollegiales Coaching.
5. Erfolgskontrolle: Abschließend wird der Erfolg des Feedbacks überprüft, indem Veränderungen im Verhalten und in der Leistung der Feedback-Empfänger evaluiert werden. Die Leistung wird in der Regel mit KPIs (Key Performance Indicators) gemessen. Beispielsweise sind die Kennzahlen Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit am einfachsten zu messen; zugleich haben sie den größten Einfluss auf das wirtschaftliche Ergebnis, an dem Führungskräfte letztendlich gemessen werden.
Die Beurteilung der Qualität der Leistungen von 360-Grad-Feedback-Anbietern ist schwieriger. Während wissenschaftliche Erkenntnisse, Best Practices und Erfahrungen anderer Unternehmen Orientierung bieten können, ist der Zugang zu qualitativ hochwertigem Know-how meistens begrenzt. Denn validierte Fragebögen und bewährte Methoden, die einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen, werden von führenden Unternehmen in der Regel nicht öffentlich geteilt. Auch KI hilft hier nicht weiter. Ein Zugang zu hochwertigen Informationen sind (kostenpflichtige) Peer-Reviewed Journals. Das sind wissenschaftliche Zeitschriften, in denen Artikel vor der Veröffentlichung von unabhängigen Fachkollegen (Peers) begutachtet werden.
Daher ist es wichtig, bei der Anbieterauswahl auf den Zugang zu fundiertem Wissen und validierten Instrumenten zu achten. Eine Orientierungshilfe für Mindestanforderungen bietet die DIN 33430. User Merkblatt "Validierung" (PDF Download) erklärt auf einfache und verständliche Weise die wichtigsten Qualitätskriterien.
Diese Norm definiert Qualitätsstandards für berufsbezogene Eignungsbeurteilungen und trägt so zur Qualitätssicherung bei der Personalauswahl und -entwicklung bei. Sie wurde vom DIN in Zusammenarbeit mit BDP und DGPs entwickelt und soll vor unsachgemäßem Umgang mit Methoden der Personalbeurteilung schützen (siehe dazu das Stichwort Managementesoterik).
Die wichtigsten Qualitätskriterien der DIN 33430 umfassen:
Diese Anforderungen gelten für folgende Anwendungsbereiche:
Bei den qualitativen Kriterien spielen die Serviceorientierung, Fachkompetenz und Flexibilität des Personals des Anbieters eine entscheidende Rolle.
Motivierte und fachkundige Mitarbeiter sind die Basis für eine professionelle Beratung und Betreuung. Im IT-Bereich bedeutet dies nicht nur technisches Know-how in Bezug auf die verwendete Software und Datensicherheit, sondern auch ein tiefes Verständnis für die spezifischen Anforderungen von 360-Grad-Feedback-Prozessen. Nur so können reibungslose Abläufe, eine sichere Datenverarbeitung und eine adäquate Unterstützung bei technischen Fragen gewährleistet werden.
Zuverlässigkeit – das A und O: Die Zuverlässigkeit des Anbieters und seiner Mitarbeiter ist von zentraler Bedeutung für das Vertrauen und den reibungslosen Ablauf des Projekts. Dies umfasst mehrere Aspekte:
Ein unzuverlässiger Anbieter kann den gesamten 360-Grad-Feedback-Prozess gefährden, zu Verzögerungen, Datenverlusten oder sogar zu einem Vertrauensverlust innerhalb des Unternehmens führen. Daher sollte die Überprüfung der Zuverlässigkeit durch Referenzen, Zertifizierungen und transparente Kommunikationsprozesse einen zentralen Bestandteil der Anbieterauswahl darstellen.
Der Markt für 360-Grad-Feedback-Anbieter ist vielfältig und die Angebote unterscheiden sich erheblich in Preis und Leistung. Während vermeintlich günstige Angebote attraktiv erscheinen, können versteckte Kosten oder fehlende wichtige Leistungen den Gesamtwert schmälern. Ein entscheidender Faktor für die Qualität eines 360-Grad-Feedbacks ist der Zugang zu validierten Instrumenten und fundiertem Know-how. Dieser ist jedoch nicht immer gewährleistet. Führende Unternehmen, die durch qualifiziertes Personal einen Wettbewerbsvorteil erzielt haben, teilen ihre bewährten Methoden und validierten Fragebögen naturgemäß selten öffentlich. Auch der Zugang zu Expertenwissen, das den Qualitätsstandards der DIN 33430 entspricht, kann eingeschränkt oder mit höheren Kosten verbunden sein. Um den maximalen Nutzen aus einem 360-Grad-Feedback zu ziehen und kostspielige Fehlentscheidungen zu vermeiden, ist eine sorgfältige und fundierte Anbieterauswahl daher unerlässlich.
Qualitative Kriterien:
Quantitative Kriterien: